DARMSTÄDTER ECHO, Pfingsten 2007

»Chinesisch macht keine Probleme«
Unternehmen im Gespräch: Die BG Media Design in Darmstadt überträgt Firmenpublikationen in über 40 Sprachen

Mit Chinesisch hat Christian Gerritzen keine Schwierigkeiten. Russisch stellt ihn vor größere Herausforderungen. Dabei geht es ihm gar nicht darum, die fremden Schriftzeichen zu verstehen, sondern sie in übersichtlichen Textportionen auf Prospekten, Broschüren oder Geschäftsberichten anzuordnen. Das Problem: Ein Text auf Chinesisch benötigt nur einen Bruchteil des Platzes, den ein kyrillischer Text einnimmt. »Mit den russischen Schriftzeichen kann man einfach nicht kurz formulieren«, erklärt Gerritzen und deutet auf einen Prospekt zur Automobilausstellung IAA. Um die gleiche Broschüre in beiden Sprachen zu erstellen, musste der Geschäftsführer der BG Media Design in Darmstadt sein ganzes typografisches Können einsetzen.

Für ihre Kunden übersetzen und drucken Gerritzen (55) und sein Geschäftspartner Harald Billinger (45) so ziemlich alles, »von der Visitenkarte bis zum Verkaufsprospekt«, wie Billinger erklärt. Auch Geschäftsberichte, Kundenzeitschriften oder Bedienungsanleitungen fertigt die BG Media Design an. Zum einen erhält sie ihre Aufträge direkt von Unternehmen wie dem Kristallhersteller Swarovski oder dem Hersteller von Medizintechnik Fresenius Medical Care. Zum anderen beauftragen Werbeagenturen die Sprachspezialisten aus Darmstadt.

Entscheidend ist, dass die Drucksachen trotz unterschiedlicher Sprache genauso aussehen wie die deutsche oder englische Vorlage, die die BG Media Design von ihren Kunden bekommt. »Unseren Auftraggebern ist es wichtig, die Botschaft des Konzerns auch in anderen Ländern auf die gleiche Weise rüberzubringen«, erklärt Gerritzen.

Über 40 Sprachen haben Gerritzen und Billinger im Angebot. Neben osteuropäischen seien bei international agierenden Unternehmen vor allem asiatische Sprachen derzeit sehr gefragt, sagt Gerritzen, sei es Chinesisch, Japanisch, Koreanisch oder Vietnamesisch.

Billinger und Gerritzen zücken jedoch nicht selbst das Wörterbuch. Für die Übersetzungen steht der BG Media Design ein Pool von ungefähr 300 Mitarbeitern zur Verfügung, die in allen Teilen der Welt leben. »Das sind entweder diplomierte Übersetzer oder Fachleute – Techniker, Ingenieure oder Ärzte –, die in Deutschland studiert haben«, erklärt Billinger. Die Darmstädter Firma schickt ihren Mitarbeitern die Texte per E-Mail und erhält sie auf gleichem Weg übersetzt zurück. In schwierigen Fällen liest ein Fachmann die Texte gegen, um die Qualität sicher zu stellen, etwa im Falle einer Bedienungsanleitung für ein Dialysegerät, die in 21 Sprachen übersetzt wurde. Drei Wochen dauert nach Gerritzens Aussage eine solche, aufwendige Übersetzung. Kurze Texte könnten dagegen unter Umständen von heute auf morgen übertragen werden.

Am Firmensitz in Darmstadt werden die Übersetzungen in das von den Kunden vorgegebene Layout übertragen und in den Druck gegeben.

Zwar haben Gerritzen und Billinger ihre Firma erst im Januar 2006 gegründet. Mit der Branche sind sie aber schon länger vertraut: Bei ihrem ehemaligen, gemeinsamen Arbeitgeber haben sie sich auf Übersetzungen und Layoutarbeiten spezialisiert. Der gelernte Schriftsetzer Billinger kümmerte sich dort erst um Arbeitsvorbereitung und Qualitätskontrolle, später um die Kundenbetreuung. Gerritzen war technischer Leiter. Zuvor hatte er nach Buchhändlerlehre und geisteswissenschaftlichem Studium als Verlagslektor gearbeitet. Als ihr Arbeitgeber 2005 Insolvenz anmeldete, beschlossen die beiden Kollegen, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. »Die nötigen Kontakte zu Kunden hatten wir bereits, das nötige Wissen ebenfalls. Nur die Geschäftsführung mussten wir lernen«, berichtet Billinger. Die Unternehmer ließen sich in der Nähe seines Wohnortes Weiterstadt nieder: Im Innovatorium, einem hellen, lichten Gebäude in Darmstadt-Arheilgen, hat die Firma ihren Sitz.

Im ersten Jahr ihres Bestehens verzeichnete die BG Media Design einen Umsatz von 500 000 Euro. Für das laufende Jahr rechnet Gerritzen mit einer Umsatzsteigerung von zehn bis 20 Prozent. Eine zusätzliche Mitarbeiterin wurde bereits eingestellt. Außerdem beschäftigt die BG Media Design vier freie Mitarbeiter, die beim Formatieren der Texte helfen.

Die Nachfrage nach gedruckten Produkten in fremden Sprachen sei im vergangenen Jahr im Sog der guten Konjunktur gestiegen, sagt Gerritzen: »Die Kunden sind bereit, mehr in ihre Selbstdarstellung zu investieren«. Vom Werbemarkt hängen auch die Geschäfte der BG Media Design ab. Auf Druckerzeugnisse alleine will sich das Darmstädter Unternehmen aber nicht verlassen. Internetseiten hat die Firma schon übersetzt und vor kurzem Untertitel für einen Autowerbespot, auch wenn der Auftrag nicht so recht ins gewohnte Schema passen wollte. Aber eines, sagt Gerritzen, hätten er und sein Partner Billinger auf den vielen Stationen ihres Berufslebens gelernt: »Ohne Angst an neue Aufgaben heranzugehen.«

Andreas Lang